Frank Bauer

Vita

1964 geboren in Recklinghausen 1985 - 1993 Studium an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf 1992 Meisterschüler bei Prof. Gerhard Richter

Ausstellungen

Ausstellungen (Auswahl) 2022 "Bilder vom Verschwinden", Galerie Voss, Düsseldorf 2021 "Iss mich", Kunsthalle Karlsruhe 2019 "Wege in die Ungenauigkeit", Galerie Voss, Düsseldorf 2017 "Die Gelassenheit der Dinge", Galerie Voss, Düsseldorf 2014 "Back to Basics", Galerie Voss, Düsseldorf 2013 "Boys n' Girls", Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Karlsruhe (Ge) "Skulptur und Malerei", Filser und Gräf, München 2012 "Menschenbilder", Museum Frieder Burda, Badan-Baden 2011 "…den Wald vor lauter Bäumen…", Galerie Voss, Düsseldorf (E) "after the goldrush", Kunstverein Speyer, Speyer 2010 "Es werde Dunkel! Nachtdarstellungen in der zeitgenössischen Kunst", Stadtgalerie Kiel und Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr 2009 "Es werde Dunkel! Nachtdarstellungen in der zeitgenössischen Kunst", Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen "Jet Set", Galerie Voss, Düsseldorf (E) "Kunstdialog gemeinsam in Bewegung", Museum of Art, Wuhan, China 2007 "Deutsche und amerikanische Malerei aus der Sammlung Frieder Burda", Museum Frieder Burda, Baden-Baden "AkikoAlinaAlinka ....."Galerie Voss, Düsseldorf (E) 2006 Kunsthalle zu Kiel, Kiel 2005 "Affetti Collaterali", Guidi & Schoen, Genua (I) "Kunstpreis der Böttcherstraße 2005", Kunsthalle Bremen "Dreams are my Reality", La B.A.N.K., Paris (F) Galerie Voss, Düsseldorf (E) 2004 "New German Painting", Regina Gallery Moskau (RUS) 2003 "We’ll Slide Down the Surface of Things", De Vleeshal, Middelburg (NL) "Hands up, Baby, Hands up", Oldenburger Kunstverein,Oldenburg "Deutsche Malerei 2003", Frankfurter Kunstverein, Frankfurt "Privatleben", Galerie Voss, Düsseldorf (E) 2002 "The Morning After…", Cokkie Snoei, Rotterdam (NL) Museo Art, Nuoro (I) 2001 Galeria Mario Sequeira, Braga (P) (E) Studio D`Arte Cannaviello, Milano (I) (E) Galerie Voss, Düsseldorf (E) "Neuer Realismus", Kunstverein Emsdetten (E) "Self and the Other", Galerie Christa Burger, München Galerie Jahn, Landshut (E) 2000 Avesta Art 2000, Biennale, Avesta (S) Taché-Lévy Gallery, Brüssel (B) (E) Kunstverein, Leimen (E) 1999 "Nachtleben", Galerie Voss, Düsseldorf (E) 1998 op-art-company, Karlsruhe "Salon 98", Galerie Bärbel Grässlin bei Tishmann & Speyer Properties, Frankfurt a. M. 1997 Galerie Voss, Düsseldorf (E) 1996 "Stilleben", Galerie Voss, Düsseldorf (E) Messebeteiligungen Seit 1997 Art Cologne, Köln Art Brussels (B) Art International New York (USA) Art Frankfurt (G) Arte Fiera Bologna (I) Art Rotterdam (NL) Toronto Art Fair ( C) ViennAffair (A) Art Moscow (RUS) Cornice art fair, Venedig (I) palmbeach³, West Palm Beach (USA)

Kataloge

Aktuelle Ausstellungen

Literatur

89er + zu den Bildern von Frank Bauer „In this way architecture is no longer a question of projecting the abstract but distorting the real.“ Nils Ballhausen Die Bilder von Frank Bauer sind Momentaufnahmen, von normalerweise im Alltag nicht nachhaltig wahrgenommenen Situationen, in denen sich meist mehrere Menschen in einem gesellschaftlichen Rahmen zusammenfinden . Es ist ein Moment der fixiert wird, in dem sich die abgebildeten Menschen zueinander, miteinander verhalten, miteinander verbal, mimisch oder gestisch, also insbesondere durch Körperhaltungen, besser durch Körpergesten kommunizieren. Es sind Menschen in ihren späten Zwanzigern bis mittleren Dreißigern, die wir vielleicht am ehesten mit der wunderbaren Bezeichnung „89er-Generation“ beschreiben können. Niels Ballhaus beschreibt sie so „Im europäischen Kontext [im Gegensatz zu dem Begriff der Generation X von Douglas Coupland] scheint die Bezeichnung der „89er Generation“ geeigneter, weil diese durch das bewusste Erleben der politischen Umwälzungen von 1989 den Glauben an die Haltbarkeit gesellschaftlicher Koordinaten verloren hat ... . Allein diese Kinder von `89 können ein Generationsetikett von ähnlicher Prägnanz für sich reklamieren, wie es die regierenden Flakhelfer und die tonangebenden 68er tragen. Die 89er werden die ersten Leitfiguren der Berliner Republik- oder als Generationsepisode in den Zeitläufen vergessen.“ Frank Bauer porträtiert die Vertreter dieser Generation, er stilisiert diese Generation durch sie und hält sie fest für die Zukunft. Diese Generation, in der er sich selbst befindet und von der er ein Teil ist -nimmt man den diese Beobachtung von Ballhausen ernst- gibt ihm sein Sujet, besser sein Genre vor. Bauer wird als Maler zum Zeitzeugen. Seine Bilder sind gemalt und nicht fotografiert, selbst wenn sie sich darauf verlegen naturalistisch oder sogar fotorealistisch abzubilden sind trotz ihres Bestrebens Abstraktionen des Realen, da sie die Wahrnehmung auf das Sichtbare reduzieren. Sie geben weder Töne noch Klänge, weder Gespräche noch Bewegungen wieder, sondern können nur visuell fixieren, sie fixieren einen Moment, der normalerweise ephemer, vergeht. Frank Bauer ist Diskjockey; unter anderem sind wahrscheinlich deshalb so viele der Situationen, die der Künstler abbildet, Bilder aus dem Nachtleben. DJs leben davon, Tonträger nicht nur zum Tanzen auszuwählen, sondern das musikalische Material mit technischen Hilfsmitteln nach ihren klangästhetischen Vorstellungen zu verändern. Sie verändern also bewusst vorgefundene Materialien, Klänge, Klangteppiche oder Geräusche. Hier ergeben sich erste Unterschiede zwischen dem Maler Bauer und dem DJ, der Maler fixiert und bildet naturgetreu ab, der DJ verändert und modifiziert. Während der DJ durch die Modifizierungen oder die Kombination verschiedener Quellen einen künstlerischen Anspruch erhebt, der sie nicht in Konkurrenz zu den Autoren dieser Quellen treten lässt, malt Bauer derart, das er eben nicht bewusst kombiniert oder verändert, sondern möglichst nah am Foto und an der Originalsituation bleibt und diese minutiös und detailgenau abbildet. Er lehnt eine Autorenschaft weitgehend ab. Aus dem Supervisor für Atmosphäre und Stil des Partygeschehens wird ein stiller Beobachter und genauer, minutiöser Betrachter, der den schnellen, lauten aggressiven Beat durch ein ruhiges, aber nicht desto weniger aufregendes und hochspannendes Genrebild ersetzt. Generell unterhält und manipuliert der DJ meist größere Menschenmengen, er inszeniert und stimuliert. Inszenierungen aus Klängen, Licht, Bewegungen und dem Ambiente, das er oftmals in Clubs oder für Clubs mitgestaltet. Ballhausen nennt in seinem Glossar zur Clubkultur den Begriff der Bricolage, der sich an Claude Levý Strauss anlehnt. „Für die musikalische Bricolage ist vor allem das scheinbar sinnlose Benutzen technologischer Möglichkeiten „gegen die Gebrauchsanweisung“ wichtig.“ Es sind also Inszenierungen, die durch einen Bricolagegedanken leben und von ihnen bestimmt werden. Hierbei sind Gattungsbegriffe und Genres wichtige Orientierungsmerkmale. Ein Technoclub würde wahrscheinlich Hip-Hopper eher abschrecken und umgekehrt, auch wenn sich beide Clubs eher einem jugendlichen Publikum zu ordnen würden. Während der Beat schnell und laut vergeht, entsteht das Bild in einem ruhigen, langwierigen und genauen Prozess. Den DJ und den Maler Bauer interessieren jedoch gleichermaßen Menschen, meist Menschen die ihm nahe stehen, die er beobachtet während sie sich miteinander verhalten, miteinander sprechen oder tanzen. Das Publikum ist in beiden Professionen vergleichbar, es hat ihm die Rolle des Darstellers abgenommen. Seine Freunde sind sein Publikum, ihnen widmet er seine Bilder. Der Schnelligkeit und der Oberflächlichkeit gesellschaftlicher Momente setzt er seine Bilder entgegen, er selbst ist hierbei nicht zu sehen. „Die DJ-Kultur hat sich, so scheint es, inmitten der Bilderflut der Popkultur, ein Bilderverbot auferlegt.“ Seine Bilder sind ein Tribut an die Freunde, es ist eine Geste. Die aufwendige Fixierung eines Moments, in dem sich die Freunde zueinander, miteinander verhalten. Ein Bild fixiert immer das Sichtbare, also insbesondere Körpergesten und Körperhaltungen. Durch die Bilder werden jedoch auch Stimmungen und Gestimmtheiten festgehalten, die sich durch Gesten äußern. Im Gegensatz zum Gespräch oder zur Bewegung, lassen sich diese Gesten auch auf den Bildern von Bauer nachvollziehen. Diese Gesten erzählen die Geschichte des Moments, denn der Autor ist nur Zeuge, nur Autor dadurch, das er diesen Moment auswählt und nicht einen anderen, dies gilt auch dann, wenn er kompositorische Veränderungen vornimmt, da er sie aus bildtechnischen und nicht aus inhaltlichen Überlegungen heraus ausführt . Er visualisiert einen flüchtigen, ephemeren Moment und eine für den Betrachter peripher erscheinende Situation. Vilém Flusser widmet sich ausführlich der Phänomenologie der Geste : „Die Geste ist eine Bewegung des Körpers oder eines mit ihm verbundenen Werkzeugs, für die es keine zufriedenstellende kausale Erklärung gibt“. Die kausalen Erklärungen sind selbstverständlich unerlässlich für das Verständnis der Gesten; aber sie reichen nicht aus, diese spezifischen körperlichen Bewegungen, die wir vollziehen und um uns herum beobachten, zu verstehen, vielmehr muss man ihre „Bedeutung“ kennen. Im Alltag ist der Mitmensch jedoch durch die Schnelligkeit der Gestenfolgen meist nicht in der Lage diese zu interpretieren, geschweige den zu verbalisieren. Aus diesem Grund greifen hier oftmals Verhaltensautomatismen zurück, die wir aus der Heuristik, das heißt der Erforschung von Entscheidungsfolgen und -mustern, kennen. Verhalten wird in der weit überwiegenden Zeit unbewusst und in den seltensten Fällen bewusst gesteuert. Bauer fixiert einen Moment in dem sich Menschen miteinander verhalten und fixiert deren Gesten. Er ermöglicht so ein punktuelles Verständnis von Verhalten. Die Geste ist -nach Flusser- eine „Gestimmtheit“ und diese ist die symbolische Darstellung von Stimmungen durch Gesten. Dieser symbolische Charakter der Gestimmtheit verleiht den Stimmungen (seien sie real oder imaginär) Bedeutung. Die Gestimmtheit „vergeistigt die Stimmungen durch deren Formalisierung in symbolischen Gesten“. Flusser spricht vom symbolischen Charakter der Gesten. Ein Symbol ist ein Zeichen oder Sinnbild, das stellvertretend für etwas nicht Wahrnehmbares steht, indem also Wahrnehmbares und Nichtwahrnehmbares zusammentreffen. Ein Symbol kann ein Ding, eine Handlung, ein Vorgang und somit auch eine Geste sein. Bauer arbeitet mit Photographien als Grundlage seiner Bilder So wird das Bild zu einer Reproduktion der Photographie und die Photographie zur Reproduktion von Gesten der abgebildeten Menschen und seine Bilder selbst zur künstlerischen Geste. Eine Geste an die Freunde, ohne Pathos, dazu sind die Situationen zu uninszeniert und unspektakulär. Er fotografiert diese Momente zwar, er bedient sich also der zeitgenössischen Weise der Bildspeicherung, weiß aber das in der Flut der Schnappschüsse, das einzelne Bild untergeht und eigentlich das Foto nur im Moment des Knopfdrucks interessiert, da der Knopfdruck den Moment zu einem besonders bemerkenswerten und erinnerungswürdigen adelt und den Fotografierten dies auf eindrucksvolle Weise suggeriert. Der Augenblick wird zum Moment einer Lebensgeschichte und die Fotografierten zu Weggefährten. Dadurch das Bauer diese Fotos abmalt, gibt er ihnen eine Bedeutung für lange Zeit, denn selbst wenn, wie der Autor die Geschichte des Bildes und die abgebildeten Personen nicht kennt, ist es eine eindrucksvolle Dokumentation eines Momentes und einer Generation in ihrer Zeit, wenn wir die „89er-Generation“ als Bezeichnung ernst nehmen wollen. „So war es“ könnte man meinen. Bauer konstruiert Bedeutung durch die Fixierung eines eigentlich vermeintlich unbedeutenden Momentes. Der Moment wird so zum Pars pro Toto des sozialen Geschehens. Die Art der Darstellung ist einem aus den 60er und 70er Jahren verbreiteten Fotorealismus nicht unähnlich. Gregory Battcock mutmaßt 1979, in der Einleitung zu dem Klassiker über den amerikanischen Fotorealismus von Louis K. Maisel , „Der Stil, der erst als anti-intellektuell und als bloße Schau galt, war in Wahrheit eine logische und notwendige Erweiterung ästhetischer Prinzipien, die sich in einem halben Jahrhundert aus abstrakter Kunst und Non-Objektivismus entwickelt hatten.“ Battcock weist zurecht auf die Mitte des 19. Jahrhunderts und die sich entwickelnde Schule von Barbizon mit ihren Protagonisten wie Jean-Baptiste Camille Corot oder Gustav Courbet. Ihre Bilder wurden als „extrem realistisch „eingestuft. Extrem realistisch nicht nur, weil sie naturalistisch ihre Sujets abzubilden suchten, sondern weil sie die Seiten des Lebens abbildeten, die nicht zu den repräsentativen Glanzlichtern des Lebens der Bourgoisie oder der Bohemians gehörten. Sie waren eine Antwort auf die aufkommende Photographie, die durch die Qualität des Mediums einen besonders glaubhaften Naturalismus, wenn auch nur in Schwarz-Weiß und Grautönen, vorstellten und zunehmend das traditionelle Betätigungsfeld der Portrait- und Genremaler besetzte. Jean Beaudrillard nennt das Leitmotiv der Kunstgeschichte die „Imitation des Universums“ und benennt den Diskurs „Duplizierung“. Erst durch die Erfindung und Einführung der Fotografie hat sich dieses kunsthistorische Leitmotiv verändert. Die Schwarzweiß-Fotografie wurde als simulationsstärkstes Medium ihrer Zeit angesehen. Die Motivation zur Abstraktion wurde bei den Impressionisten teilweise durch die Fotografie ausgelöst. Ihnen fehlten die Farben und sie bemerkten den Verlust der Darstellung des Lichtes und schließlich der Gemütslage und Stimmung in den Fotografien der Zeitgenossen. Sie sahen ganzheitlicher und wendeten sich gegen die technisch bedingten Verkürzungen und die fehlende Natürlichkeit. Andere Maler wie Edgar Degas oder August Renoir haben Fotografie als Basis für ihre Malerei hinzugezogen. In diesen Fällen wurde nicht mehr von der Natur gemalt, wie sonst bei Impressionisten üblich, sondern die Natur wurde durch das Foto als Vorlage ersetzt. Der Abstraktionsprozess begann auf der Basis der Fotografie, er begann auf der Basis einer abstrakten Abbildung von Natur. Wir sehen also zwei unterschiedliche Strömungen im Umgang mit Fotografie: der eine übernimmt und der andere lehnt die Fotografie als Hilfsmedium ab. Die Abgrenzung von der Fotografie durch die Abstraktion wurde zu einem der Leitmotive der unterschiedlichen Kunstströmungen der Moderne. Battcock beschreibt am Beispiel von Meisel eine interessante Beobachtung in Bezug auf die aufkommenden Fotorealisten der 60er und 70er Jahre. Er schreibt über die Motivation Meisels sich für die neue aufkommende Stilrichtung einzusetzen: „In diesem Sinne waren die Arbeiten, ganz gleich ob abstrakt, konzeptionell oder non-objektiv, dennoch Bilder. Sie waren eine Reproduktion der Realität, auch wenn die Realität non-objektiv war. So konnte Meisel erkennen, das sogenannte „realistische“ Arbeiten auch nicht mehr oder weniger „realistisch“ waren als die meisten abstrakten Arbeiten. Er wusste schon früh, dass alle Arbeiten realistische Qualitäten besaßen, als Gegensatz zu den illusionistischen Merkmalen. Es war dann nur noch ein kleiner Schritt von non-objektiv zu realistisch. Bei einer Reproduktion wird für Meisel eine Arbeit umso abstrakter, je „realistischer“ sie ist, da bei einer Reproduktion sogar die realistischste Arbeit zur Abstraktion wird.“ Ein in den fotorealistischen Bildern immer wieder vorkommende Beobachtung betrifft die verschiedenen Genres, so finden wir bei Richard Estes immer wieder Fassaden von Restaurants oder Geschäften mit spiegelnden Schaufenstern in New York der 60er und 70er Jahre, wir sehen die atemberaubenden Autowracks von John Salt, oder die Menschen mit ihren Autos in amerikanischen Vorstädten von Robert Bechtle. Alle drei verbindet das Interesse an eigentlich vermeintlich Unspektakulärem. Es sind Bilder des Alltags, die wir aus unserer Erinnerung Streichen, wir sehen zwei Palmen und drei Autos vor einem zweigeschossigen Gewerbebau in Date Palm von 1971 bei Bechtle, Autowracks, die vor sich hinrosten von John Salt und Nedick´s einen völlig austauschbaren Diner, irgendwo in New York City 1970. Für den Betrachter von heute sind sie dennoch interessant, da sie einen zeitgeschichtlichen Sachverhalt konservieren. Das damals hochmoderne Auto wird zum Oldtimer, der Timesquare von 1974 zur Reminiszenz. Interessant ist das Fehlen jeder Art von Autorenschaft, die wie bei Bauer nur in der Auswahl des Bildsujets besteht und das weitgehende Fehlen jeder persönlichen Handschrift. All diese Bilder erzählen uns keine Geschichte, sie haben keinen literarischen Gehalt, zu mindestens keinen, den wir nachvollziehen könnten sie zeigen uns ein Genre der 60er und 70er Jahre. Frank Bauer zeigt uns nun die Umgebungen eines, seines Lebensabschnitts, Freunde und Bekannte an Orten, an denen sie sich gemeinsam aufhalten, an denen sie einen bestimmten Abschnitts ihres Lebens miteinander verbringen. Er zeigt die Menschen in der Kleidung, in der sie in die Öffentlichkeit treten, in der Kleidung, die sie dem jeweiligen Anlass entsprechend tragen. Meistens sind es modische Outfits, die in Clubs oder auf Parties getragen werden. Die Kleidung wird zum Attribut, zum Verständnisschlüssel, sie wird zum Ausdruck der inneren und nach außen zur Schau gestellten Gemütslage. Mit der Erfahrung der Betrachtung der Fotorealisten der sechziger und siebziger Jahre stellen wir fest, dass sich im Rückblick die Attribute in ihrem Sinngehalt und Verständlichkeitsgrad verändern. Der große Straßenkreuzer von Robert Bechtle, der Lincoln von 1967, wird zur Metapher für eine Zeit vor der ersten Ölkrise 1973, für eine Zeit vor der ökologischen Bewegung, für ein Statussymbol, das jeden Statusgehalt vor dem heutigen Hintergrund verloren hat. Es wird zu einem interessanten Oldtimer. Anders der Empire Diner in New York von John Baeder von 1976, der sich in seiner äußeren Erscheinung kaum geändert hat, obwohl sich Chelsea seit 1976 sehr stark verändert hat. Wie aber wird ein Betrachter wie wir, der zwar die siebziger Jahre als Kind erlebt hat, aber nicht die Bilder zur Zeit der Entstehung erleben konnte, in der Zukunft die Bilder von Frank Bauer betrachten? Wird er um die modischen Attribute der Zeit wissen, wird er wissen was Technoculture oder Clubs waren oder wird er wie wir heute vor einem Manet Bild stehen und sich fragen wer die Frau hinter der Theke ist und warum Manet sie gemalt hat? Ist es in der Zukunft von unmittelbarem Interesse zu wissen, das Frank Bauer DJ war und seine Freunde gemalt hat? Es wird sehr interessant und faszinierend sein die Bilder zu sehen, weil sie uns in ihrer Brillanz faszinieren. Wir werden uns ähnlich wie bei Bildern von Richard Estes wundern, das sie so gestochen scharf sind, denn unsere Bilder von der Vergangenheit sind meist verschwommen und unklar und die Fotos aus den Fotoalben meist unscharf und werden zu persönlichen Erinnerungsstücken. Sie bedeuten uns etwas, aber niemand anderem, es sei denn aus kulturhistorischem oder biographischem Interesse. In keinem Falle werden sie diese aktuelle Brillanz haben wie die Bilder Bauers. Werden die Betrachter aber das Genre verstehen oder werden wir sie phänomenologisch betrachten? Werden wir die Genrebilder von Beat Streuli, Wolfgang Tillmanns, Larry Clark oder Nan Goldin in ihren sozialen und gesellschaftlichen Sozialisationsphänomenen dechifrieren oder werden wir ähnlich wie die Bilder der Renaissance ikonographisch und ikonologische Überlegungen über die kunsthistorischen Vorläufer oder die gesellschaftlichen, sozio-kulturellen anstellen. Wird dies also den Experten überlassen werden müssen oder gibt es einen anderen Schlüssel zum Verständnis? Wie wir schon festgestellt haben stellt Bauer meist Menschen dar. Menschen, die wie wir gesehen haben durch und mit Gesten kommunizieren. Wir haben weiter festgestellt, das die Geste meist eine symbolische Bedeutung hat. Die Geste des einzelnen bedeutet etwas, aber und hier beginnen wir zu spekulieren, was aber ist die Summe der Gesten und das Genre innerhalb dessen diese Gesten gebräuchlich sind? Eine Rhetorikfigur die dem Symbol sehr nahe steht ist die Allegorie. Die Allegorie unterscheidet sich vom Symbol darin, dass sie keine eindeutige Aussage ist, sondern als bildhafte Darstellung eines abstrakten Gedankens verstanden wird. Sie ist eine Metaphorisierung eines Sachverhalts mittels ein und derselben Bildsphäre, z.B. die Darstellung eines Genres wie der Clubkultur. Im Unterschied zum Symbol bewahrt die Allegorie einen sachlich-sprachlichen, zumindest konnotativer Zusammenhang zwischen primärer und bildlicher Sinnebene. Mit anderen Worten ist das Genre der Clubkultur oder präziser die Bilder, die Bauer von Menschen in Clubs oder sonstigen Lebensumständen malt, eine Allegorie auf diese Art zu Leben, dieses Lebensgefühl, das sie durch Gesten und Attribute zum Ausdruck bringen und Frank Bauer in Bilder fasst. Die Deutung dieser Allegorie und die kunst- und kulturhistorische Bedeutung dieses Lebensgefühls bleibt den Betrachtern der Zukunft überlassen. Die abgebildeten Menschen können jedenfalls sagen sie waren ein Teil davon und werden so zu unmittelbar Beteiligten der Kunst von Frank Bauer. Für sie ist es eine Geschichte, an der und in der sie teilnehmen oder vorkommen. Sie werden selbst dann, wenn es nichts mehr von oder über sie zu wissen gibt zu Repräsentanten einer Zeit, eines Lebensgefühls und Betrachtern der Zukunft wichtige Hinweise über unsere Zeit geben können. Text: Wolf Günter Thiel, Berlin

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