Peter Uka / Fragment of the Present Passed 13.04.2018 - 26.05.2018
Die Gegenwart der Erinnerung
Die Faktoren, die unsere Persönlichkeit und Identität bestimmen sind vielfältig und komplex. Die Erinnerung an das Vergangene nimmt dabei einen prominenten Platz ein. Peter Ukas Malerei vergegenwärtigt solche Erinnerungen an Ereignisse, Menschen, Farben und Formen, prägende Momente des eigenen Lebens. Sie verbinden zwei Kontinente und Länder, die beide auf ihre Weise Heimat für den Künstler sind.
1975 geboren im nigerianischen Bundesstaat Benue, benannt nach dem gleichnamigen Fluss, der "Mutter aller Gewässer", entstehen seine in Öl ausgeführten Gemälde in den Niederungen des "Vater Rheins", an dessen Ufern der Künstler seit 2007 lebt. Bindeglieder waren das Yaba College of Technology in der Metropole Lagos und die Kunstakademie Düsseldorf, bei den Professoren Tal R und Eberhard Havekost, bei dem er 2017 als Meisterschüler sein Studium abschloss.
Scheinbar unbedeutende Momente des erinnerten Alltags finden sich in seinen Gemälden oft fragmentarisch wirkend, zugleich großformatig in Szene gesetzt. Sie sind verwandt mit niederländischen Genrebildern oder der japanischen Bildgattung Ukiyo-e und in diesem Sinne, Bilder einer fließenden Welt. Sinnbildlich stehen dafür Motive der Fortbewegung, ob in den Danfo genannten Kleinbussen in Lagos oder den gefährlich überbesetzten Motorrädern, die in der Millionenstadt Menschen und Fracht befördern. Dort findet sich auch, im Herzen der Stadt gelegen, Makoko, ein auf Stelzen in der Lagune von Lagos gebautes Viertel. Pittoresk an Venedig erinnernd, spiegeln sich Häuser und für ihr kärgliches Auskommen kämpfende Menschen im schwarz verunklärtem Wasser.
Wo die erwähnten niederländischen und japanischen Bilder das Aufkommen der bürgerlichen Lebenswelt feiern, beschwört Peter Uka im Zuge der Modernisierung vergessene Orte und Menschen. Ein Bettler am Straßenrand bleibt unsichtbar für die meisten Passanten. Seine leuchtende Schale für Münzen und Scheine ist groß genug, das selbst Mildtätige beim Einwurf ihrer Spende nicht zu nah an ihn heran kommen müssen. Zugleich beschwört der Maler die nicht weniger unsichtbaren verstorbenen Ahnen. Sie werden präsent bei einem festlichen Tanz oder treten in der Küche eines Freundes in Erscheinung, dessen Vater vor kurzem zu Tode kam. Der Künstler selbst verschwindet in einer Geste der Demut und des Respekts, verbeugt sich vor seinem Publikum, wohl wissend, das dieses Publikum ihn und sein Werk erst sichtbar machen.
Die Malweise ist realistisch und dabei sorgfältig komponiert. Konkrete fotografische Vorlagen kombiniert Peter Uka mit erinnerten Wahrnehmungen zu einem visuell bruchlosem Gefüge in der Tradition des Pasticcios. Die Farbigkeit ist der Tonalität und Nuancen seiner nigerianischen Heimat verpflichtet, die über die Sujets hinaus eine kulturelle Spezifik vermitteln.
In seinem gegenwärtigen Kölner Atelier erinnert der Künstler Eindrücke, die von seiner Kindheit und Jugend über die Studienzeit in Lagos bis hin zu aktuellen Besuchen im Land seiner Herkunft reichen. In einer globalisierten Welt sind sie nicht länger Orte exotischer Fremde und Zeit, sondern in dieser Art der Malerei von einer Gegenwärtigkeit , die uns Zeitgenossen mit Werken von Jan Vermeer, Jean Siméon Chardin oder Gustave Courbet verbindet. Und unberührt von der Realität des globalen Dorfes, im Sinne Marshall McLuhans, stiftet unser immer einzigartiges Leben Identität und im günstigen Fall die Fähigkeit zum Wiedererkennen im Fremden.